Wohnungswirtschaft als Schlüsselakteur: Kooperation und Open Access treiben Glasfaserausbau voran
Eine aktuelle Studie beleuchtet die zentrale Rolle der organisierten Wohnungswirtschaft beim bundesweiten FTTH-Ausbau. Bis 2035 strebt die Branche die flächendeckende Erschließung ihrer Bestände an, fordert jedoch klare, investitionsfreundliche Rahmenbedingungen und einen Paradigmenwechsel: Wettbewerb soll auf dem Glasfasernetz stattfinden, nicht durch kostspieligen Doppelausbau.
Frankfurt am Main – Die Wohnungswirtschaft in Deutschland ist bereit, den flächendeckenden Glasfaserausbau (FTTH) in ihren Beständen entscheidend voranzutreiben, um das politische Ziel einer Gigabit-Gesellschaft mittels Glasfaserausbau zu erreichen. Eine gemeinsame Studie der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) und der TKI mbh, die Wohnungsunternehmen mit insgesamt über einer Million Einheiten sowie Experten befragte, unterstreicht dieses Engagement. Obwohl die große Mehrheit der befragten Unternehmen einen Vollausbau ihrer Einheiten bis 2035 plant, bremsen Komplexität, Fachkräftemangel und unklare regulatorische Vorgaben den Fortschritt, insbesondere im Bestand. Die Branche lehnt Zwangslösungen ab und setzt stattdessen auf freiwillige Kooperationen mit Netzbetreibern. Der zentrale Appell lautet: Fairer Wettbewerb durch offene Netze (Open Access), um Investitionen zu sichern und Monopole zu verhindern.
Ehrgeizige Ziele im institutionellen Wohnungsbestand
Die organisierte Wohnungswirtschaft verwaltet mit rund 9,1 Millionen vermieteten Wohnungen den größten institutionellen Bestand Deutschlands und ist damit ein unverzichtbarer Akteur für Infrastrukturmaßnahmen. Die Studienergebnisse belegen ein klares Bekenntnis zum Glasfaser-Vollausbau: Bereits heute sind alle befragten Unternehmen mit dem Thema FTTH befasst, und die große Mehrheit (über 64 %) befindet sich bereits in der Ausbauphase. Noch ambitionierter: Die klare Mehrheit der Befragten plant die vollständige oder weitgehende Erschließung ihrer Einheiten mit Glasfaser. Dieses Bekenntnis, größtenteils eine Fertigstellung bis zum Bundes-Zieljahr 2030 anzustreben, macht das Engagement der Wohnungswirtschaft zum entscheidenden Faktor für die Erreichung der nationalen Ausbauziele.
Anschlussquote bleibt größte Herausforderung im Bestand
Trotz des starken Engagements klafft aktuell eine Lücke zwischen Ausbauaktivität und tatsächlicher Anschlussquote ("Homes Connected"), die mit der bundesweiten Quote von circa 27,3 % vergleichbar ist. Das liegt daran, dass der Ausbau vor allem in Neubauten bereits Standard ist, während die komplexe Erschließung des Bestandes noch am Anfang steht. Dabei treten vor allem folgende Hürden zutage:
* Kapazitätsengpässe: Fehlende Baukapazitäten und akuter Fachkräftemangel.
* Regulatorische Komplexität: Unklare Gesetzeslagen, langwierige und komplexe Genehmigungsprozesse (Netzebene 3) sowie die anspruchsvolle Inhouse-Verkabelung (Netzebene 4).
* Wirtschaftlichkeit: Für die Mehrheit der Unternehmen sind nur Investitionsbeträge zwischen 250 € und 499 € Netto-Baukosten pro Wohneinheit (Netzebene 4) wirtschaftlich tragfähig.
Kooperation statt Brechstange: Der Ruf nach fairen Regeln
Die Wohnungswirtschaft spricht sich vehement gegen einen regulatorischen Zwangsausbau aus, wie er durch pauschale Duldungspflichten oder ein uneingeschränktes Recht auf Vollausbau entstehen könnte. Stattdessen setzt sie auf freiwillige und geschützte Kooperationen mit Netzbetreibern, um Planungssicherheit und Akzeptanz zu gewährleisten. Zwangslösungen werden als Bedrohung der Investitionssicherheit und der Wahlfreiheit der Wohnungswirtschaft betrachtet. Die Wohnungswirtschaft fordert daher einen Paradigmenwechsel im Wettbewerbsrecht mit Fokus auf Wettbewerb auf der Dienste- und Anbieterebene, Investitionsschutz und Abschaffung der Konzernklausel.
Glasfaserbereitstellungsentgelt: Notwendig, aber optimierungsbedürftig
Das Glasfaserbereitstellungsentgelt (GBE), das Vermietern seit 2021 die Umlage von Kosten für neue Glasfaser-Inhouse-Netze auf Mieter ermöglicht, spielt laut Umfrage bislang nur eine untergeordnete Rolle als Finanzierungsmodell. Dies steht im Einklang mit der allgemeinen Marktwahrnehmung. Die Experten der Studie sehen zwar die Verlängerung der GBE-Regelungen bis 2032 positiv, fordern jedoch eine Anhebung der Entgelte (derzeit maximal 60 €/Jahr) und eine einfachere, unbürokratische Gestaltung, um das GBE als attraktiveres Finanzierungsinstrument zu aktivieren. Zudem wird eine Verknüpfung mit einem attraktiven Basis-Internetdienst als Steigerung der Akzeptanz bei Mietern empfohlen.
Der Weg zur digitalen Gigabit-Gesellschaft führt über Kooperation
Die Wohnungswirtschaft beweist eine hohe Ausbau- und Investitionsbereitschaft für FTTH und versteht sich selbst als unverzichtbaren Motor für die Gigabit-Gesellschaft. Das Ziel des flächendeckenden Ausbaus ihrer Bestände bis 2035 ist klar gesteckt. Der Erfolg hängt jedoch maßgeblich davon ab, ob die politischen Rahmenbedingungen die Investitionen der Wohnungswirtschaft und ihrer Kooperationspartner wirksam schützen und fördern. Regulatorische Eingriffe, die auf Zwang und Überbau setzen, werden als kontraproduktiv abgelehnt. Der Konsens ist eindeutig: Klare, einheitliche Standards, Open-Access-Modelle, Investitionsschutz für Erstausbauer und eine praxisnahe Reduktion von Bürokratie sind die notwendigen Schritte, um die ehrgeizigen Ausbauziele zu erreichen und die digitale Zukunft für Mieter in Deutschland mit FTTH zu sichern. Die Wohnungswirtschaft ist bereit – jetzt muss die Politik die entscheidenden Weichen für partnerschaftliche und wettbewerbsorientierte Lösungen stellen.
Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt
Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) mit Sitz in Frankfurt am Main und Kassel bietet seit über 100 Jahren umfassende Dienstleistungen in den Bereichen Wohnen, Bauen und Entwickeln. Sie beschäftigt mehr als 900 Mitarbeitende. Mit rund 61.000 Mietwohnungen an 112 Standorten in Hessen gehört sie zu den führenden deutschen Wohnungsunternehmen. Unter der NHW-Marke ProjektStadt führt sie nachhaltige Stadtentwicklungsaufgaben durch. Sie ist Gründungsmitglied der Initiative Wohnen.2050, um dem Klimaschutz in der Wohnungswirtschaft mehr Schlagkraft zu verleihen. Mit hubitation verfügt die NHW zudem über ein Startup- und Ideennetzwerk rund um innovatives Wohnen.
www.nhw.de/
TKI mbH
TKI mbH ist ein führendes Systemhaus für Telekommunikations- und Leitungsinfrastruktur mit Sitz in Chemnitz. Seit über 35 Jahren unterstützt das mittelständische Unternehmen Wohnungsunternehmen, Netzbetreiber, Stadtwerke und Kommunen bei der Planung, dem Bau und der Dokumentation moderner Glasfaser-, Breitband- und Fernmeldenetze. Mit rund 200 Mitarbeitenden bietet TKI ein breites Leistungsspektrum: von strategischer Beratung und Netzkonzeption über Ausschreibung und Bauüberwachung bis hin zu innovativen Softwarelösungen für die automatisierte Planung und das Management von FTTX-Netzen. Darüber hinaus engagiert sich TKI in zukunftsorientierten Projekten wie Smart-City- und Quartiersentwicklung sowie Wärmeplanung und Energiekonzepte. Als unabhängiger Partner steht TKI für technologische Kompetenz, Investitionssicherheit und nachhaltige Infrastrukturentwicklung.
www.tki-chemnitz.de/