Enormer Zusammenhalt
Seit drei Jahren sind die Kleinen Feger im Wiesbadener Europaviertel aktiv – zum Start in die neue Saison bedankt sich die Nassauische Heimstätte für das große Engagement der Kinder sowie der engagierten, ehrenamtlich tätigen Mütter
Wiesbaden – Pünktlich zum ersten Saisonrundgang war er fertig: der praktische Bollerwagen aus Holz, ein Dankeschön der Unternehmensgruppe an die Kleinen Feger, die seit 2015 gemeinsam für mehr Sauberkeit im Wiesbadener Europaviertel sorgen. Denn bevor das Gefährt zu seinem ersten Einsatz rollen konnte, hatten die Kinder aus dem Europaviertel es eigenhändig zusammengebaut und mit einer speziellen Holzschutzlasur lackiert.
Der Erfolg ist die größte Belohnung
„Mit diesem Geschenk wollten wir deutlich machen, dass wir es nicht als selbstverständlich ansehen, wenn sich unsere Mieter für die Lebensqualität im Quartier engagieren“, hob Michael Büttner, Leiter des Servicecenters Wiesbaden 1, bei der Übergabe hervor. So hatten er und Kundenbetreuerin Kristina Reuter zusätzlich prächtige Blumensträuße für die drei Mütter, die dieses Projekt seit Beginn ehrenamtlich und mit viel Tatkraft unterstützen, mitgebracht. „Viele beschweren sich und fordern, dass etwas getan wird. Diese Familien sind anders: Sie handeln selbst“, so Büttner.
Im Mai vor drei Jahren war im Europaviertel die Gruppe der Kleinen Feger gegründet worden. Seitdem brechen im regelmäßigen Vierwochenrhythmus rund 20 Kinder im Alter zwischen vier und 14 Jahren zum gemeinsamen Müllsammeln in ihrem Wohnviertel auf. Allen bereitet es einen Riesenspaß, mit Eimern und Greifzangen durch die Grünanlagen und Straßen zu ziehen und wegzuräumen, was andere achtlos weggeworfen haben. „Wir machen das ganz in Ruhe und gechillt“, erklärt etwa Ela Kör. „Und anschließend bekommen wir ja auch eine Belohnung“, erzählt die Zwölfjährige: „Im Sommer Eis und im Winter Lollies oder andere Süßigkeiten.“ Außerdem stiftet die Nassauische Heimstätte regelmäßig Kino-Gutscheine für alle Aktiven. Ela und ihr kleiner Bruder waren von Anbeginn bei dem Projekt dabei – genauso wie ihre Mutter. Die 46-Jährige ist eine der drei Mütter, die wesentlich zum Erfolg dieser Aktion beitragen. „Jeweils kurz vor dem nächsten Müllsammeltermin bringen wir überall Hinweiszettel an“, erzählt Birgül Kör. „Und wenn die Kinder dann losziehen, begleiten wir sie und passen auf, dass niemand verlorengeht. Schließlich sind ja auch Vierjährige dabei.“ Sollte sich das Wetter einmal als gar zu kalt und unfreundlich erweisen, haben die Mütter auch schon heißen Kakao gekocht und ausgeschenkt.
Lebendige Nachbarschaft
Doch mehr noch als durch Süßigkeiten fühlen sich alle Beteiligten durch den Erfolg ihres Engagements belohnt: Nicht nur dass ihr Quartier mittlerweile sehr aufgeräumt und sauber wirkt. In den vergangenen Jahren ist außerdem ein großer Zusammenhalt zwischen den Familien entstanden. „Alle Kinder, ob groß oder klein, spielen hier zusammen“, hat Birgül Kör mit Freude beobachtet. Nachbarn sind hier häufig auch Freunde – man nimmt (An)teil am Leben der Menschen ringsum – eine Qualität, „durch die sich dieses Wohngebiet besonders auszeichnet“, findet Silke Müller, Geschäftsführerin von CASA e.V., dem Centrum für aktivierende Stadtteilarbeit, die das Projekt der Kleinen Feger seit langem professionell begleitet. Den spürbar freundlichen Umgang der Kinder untereinander und auch den herzlichen Kontakt der erwachsenen Bewohnerinnen und Bewohner führt die Sozialpädagogin vor allem auf das Engagement der drei Mütter zurück, deren Einsatz und Elan sie „ungeheuer beeindruckend“ findet.
Auf Anregung der Unternehmensgruppe haben sich in mehreren ihrer Wohnstandorte Kleine-Feger-Gruppen gegründet. „Mit den Kleinen Fegern möchten wir zu mehr Sauberkeit beitragen und die Siedlungen attraktiver für unsere Mieter machen“, erklärt Carmen Neumann-Hofmann, Mitarbeiterin im Sozialmanagement der Nassauischen Heimstätte, die das Projekt betreut. „Vor allem aber geht es uns darum, Kinder früh für die Themen Eigenverantwortung, Müllvermeidung und den Umwelt- und Naturschutz zu sensibilisieren und ihre Identifikation mit dem Quartier zu stärken.“ Das dürfte gelungen sein: „Mein Mann und ich träumen seit längerem von einem eigenen Haus“, erzählt Birgül Kör. „Aber wir haben keine Chance: Unsere Kinder weigern sich, hier wegzuziehen. Sie wollen auf jeden Fall im Europaviertel bleiben.“