Bürgerbeteiligung im großen Stil
Vier Städte – ein Ziel. Bei verschiedenen Stadtumbau-Vorhaben zieht die ProjektStadt alle Register, um die Anwohner großflächig und zahlreich in den Prozess einzubinden – mit durchschlagendem Erfolg.
Stadt neu denken
Am 24. Juli 1699 leisteten 30 Hugenotten-Familien den Eid auf Graf Philipp von Isenburg-Büdingen, der ihnen Schutz vor den Verfolgungen des katholischen französischen Königs im neu gegründeten Neu-Isenburg bot. Gut 300 Jahre später schicken sich die Nachfahren dieser Siedler an, ihre Stadt komplett neu zu denken. „Vom Alten Ort zur Neuen Welt“ – unter diesem Motto steht der Stadtumbau in der Hugenottenstadt, mit dessen Management die ProjektStadt beauftragt ist. Arbeitsgrundlage ist das 2018 von ihr erarbeitete Integrierte Städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK), das nicht weniger als 60 Maßnahmen auflistet. Mit den darin definierten Leitbildern, Zielen und Handlungsempfehlungen bildet es das Drehbuch für die weitere Entwicklung in den nächsten zehn Jahren.
Um Wünsche und Anregungen, aber auch Kritik aus der Bevölkerung in das Konzept einfließen zu lassen, setzten die Experten der ProjektStadt von Beginn an auf einen partizipativen Prozess mit unterschiedlichsten Beteiligungsformaten. Ortsbegehungen und Informationsveranstaltungen wurden durchgeführt, drei öffentliche Arbeitsgruppen und eine Lokale Partnerschaft gegründet sowie eine eigene Internetseite zum Stadtumbau eingerichtet – für die angehende „Smart City“ Neu-Isenburg quasi selbstverständlich.
Online die Stadt verbessern
„Mit der digitalen Plattform haben wir eine sehr breite Bürgerbeteiligung erzielt“, erklärt Projektleiter Ulrich Eckerth-Beege. „Viele haben die Gelegenheit genutzt, ihre Meinung abzugeben und so zu Verbesserungen innerhalb der Stadt beizutragen.“ Durch einen Klick auf die interaktive Stadtkarte konnten die Nutzer die verschiedenen Bereiche des Fördergebiets wie „Innenstadt“, die ursprüngliche Hugenotten-Siedlung „Alter Ort“ oder die Industriebrache der ehemaligen Bundesmonopolverwaltung für Branntwein im Bezirk „Neue Welt“ aufrufen, dort vorgestellte Ideen bewerten oder eigene einbringen. Vorschläge der Bürger zu Themengebieten wie etwa „Verkehr und Mobilität“, „Kultur und Freizeit“, „Klimaschutz“ oder „Lokale Ökonomie, Gastronomie und Einzelhandel“ waren ebenfalls willkommen.
Das so entstandene Drehbuch ist umfangreich: In den nächsten Jahren soll mehr Aufenthaltsqualität im Fördergebiet geschaffen, der zentrale Versorgungsbereich und die Identität sowie die Wahrnehmung der historischen Wurzeln gestärkt werden. Ein weiterer Punkt: die Durchgrünung der Innenstadt. Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung stehen ebenso auf der Agenda wie die dringend nötige Sanierung der Hugenottenhalle und der Bibliothek. Erste Vorhaben befinden sich derzeit in der Umsetzungsphase: Bänke auf dem Rosenauplatz stehen bereits, noch im Frühjahr wird die Beleuchtung im „Alten Ort“ ausgetauscht und ein Ideenwettbewerb zur Zukunft der Frankfurter Straße durchgeführt.
Die überregional bekannte Hugenottenhalle in Neu-Isenburg muss dringend saniert werden. Foto: Leo F. Postl